Hamborn vor 1911

Hamborn liegt am rechten Rheinufer zwischen der Emscher- und Elperbach-Mündung und grenzt im Norden an Walsum und Holten, im Nordosten an Buschhausen und im Süden an Meiderich und Ruhrort. Die ehemalige Landgemeinde Hamborn, bestehend aus den Ortschaften Hamborn, Schmidthorst und Aldenrade-Fahrn wurde am l. April 1900 mit den Ortschaften Bruckhausen, Marxloh und Alsum, Teile aus der ehemaligen Landgemeinde Beek, zu einem Gemeindebezirk vereinigt und zur Bürgermeisterei erhoben.

Mit diesem Zeitpunkt setzt die eigentliche rapide Entwicklung der Gemeinde ein. Während noch vor 50 Jahren weite Wälder und Wiesen der Gegend einen vornehmlich ländlichen Charakter aufprägten, begann nach dem grossen Kriege 1870/71 die rheinisch-westfälische Grossindustrie die Kohlenfelder in diesem Gebiet zu erschliessen. Da für die ganze Entwicklung von Hamborn die Art der Industrie und der darin beschäftigten Arbeitskräfte ausschlaggebend ist, so gebe ich nachstehend eine kurze Aufzählung der grösseren Betriebe und der darin beschäftigten Personen unter Zugrundelegung des Verwaltungsberichts und der Festgabe für die Stadt Hamborn für das Jahr 1910.

Diese Berichte zählen folgende Grossbetriebe auf: Unter Führung des Gutsbesitzers MORIAN in Hamborn-Neumühl wurde am 19. September 1871 die Gewerkschaft „Zeche Hamborn“ gegründet, die am 4. November 1871 mit Rücksicht auf die Gründung des Deutschen Reiches ihren Namen in Gewerkschaft Deutscher Kaiser umwandelte. Der Kohlenreichtum und die günstige Lage am Rhein veranlassten Ende der 80er Jahre den weitblickenden Unternehmer AUGUST THYSSEN, die ungünstige Konjunktur in der Kohlenindustrie benutzend, die Kuxe der Gewerkschaft Deutscher Kaiser durch Kauf und Tausch in seinen alleinigen Besitz zu bringen. Bei ihrer Gründung betrug die Feldgrösse Deutscher Kaiser 10565905 qm; unter THYSSENS Herrschaft stiegen die gesamten Berechtsame auf Steinkohlen der Gewerkschaft Deutscher Kaiser auf ca. 40000 ha. Eine Übersicht über die enorme Ausdehnung der Förderung auf den Schächten Deutscher Kaiser seit 1876 und über deren Belegschaft gibt folgende Tabelle:

TABELLE I

Übersicht über die Gesamtförderung, Belegschaften und Lohnverhältnisse auf den Schächten der Gewerkschaft Deutscher Kaiser.

Jahr Kohlen-Förderung Vermehrung gegen das Vorjahr Gesamt-Belegschaftszahl Jahres-Lohnsumme
  t t % Mann Mk.
1876 3583 90 70000
1877 19673 16090 447,11 130 100000
1878 44711 25038 127,26 240 180000
1880 79802 5040 6,74 390 390000
1885 183077 39724 27,71 670 595410
1890 317429 28349 9,81 940 1 143620
1895 358272 24365 7,30 1300 1574600
1900 1199333 189867 18,81 3600 5619438
1905 1906440 24300 1,29 7793 11 196092
1906 2364230 457790 24,01 8850 14 562890
1907 2492061 127831 5,41 9350 17 591371
1908 3040804 548743 22,02 11000 19 595797
1909 3600045 559241 18,39 15700 22 733502

in: „Die wirtschaftliche und soziale Lage der Frauen in dem modernen Industrieort Hamborn im Rheinland“ – Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde einer hohen staatswissenschaftlichen Fakultät der Erhard-Karls-Universität zu Tübingen , vorgelegt von Li Fischer-Eckert aus Hagen in Westfalen. Verlag von Carl Stracke 1913