Hamborn bis 1910

Nachdem wir die belebende Wirkung kennen gelernt haben, die die Industrie auf Handel und Gewerbe in Hamborn ausgeübt hat, bleibt noch übrig, einige absolute Zahlen über die Bevölkerungszunahme anzugeben und daran auschliessend eine kurze Übersicht über die von der Gemeindeverwaltung und den Industrieunternehmern geleistete Arbeit, die ihr in der Lösung der schwierigen Wohn- und Verkehrsverhältnisse oblag.

Auf die Bevölkerungsbewegung und die Bevölkerungszusammensetzung werden wir in einem besonderen Kapitel zu sprechen kommen. Die Einwohnerzahl von Hamborn betrug am

1. April 1900 29 000
1. April 1905 61074
1. April 1910 96127
1. April 1911 101599

Die Gemeinde umfasst einen Flächenraum von 2243,03,12 Hektar. Innerhalb eines Jahrzehnts hat sich die Bevölkerung in der Gemeinde mehr als verdreifacht und es ist leicht einzusehen , dass es schwierig war, die Gemeindeeinrichtungen mit diesem raschen Anwachsen gleichen Schritt halten zu lassen. Die Verkehrsverhältnisse des Dorfes, das fast über Nacht zu einer Grossstadt geworden war, waren die denkbar schwierigsten. Ausgebaute Strassen fehlten fast ganz, abgesehen von einer kurzen gepflasterten Strecke der Provinzialstrasse. Die ausserordentlichen Massnahmen, die zur Förderung des Wegebaues getroffen wurden, gehen am klarsten aus folgenden Zahlen hervor.

1900 verfügte die Gemeinde über 2800 laufende m gepflasterter Strassen, im Jahre 1910 dagegen waren 217000 laufende m ausgebaut. Mit Basalt befestigt waren 1900 6 lau-fende m, 1910 13875 laufende m. Ebenso verlangte die Durchführung der Kanalisation zur Entwässerung des Gemeindegebietes bedeutende Aufwendungen.

Die kurze Skizze von der Entwicklung der Gemeinde Hamborn würde unvollständig sein, wollte ich nicht noch kurz einiges über die Verkehrsverhältnisse erwähnen. Bis zum l. Oktober 1912 mussten die Bewohner ihre Reisegelüste durch die Staatsbahnhöfe der Nachbargemeinden Oberhausen, Meiderich, Ruhrort und Dinslaken befriedigen, weil Hamborn selbst noch nicht an einer Eisenbahnstrecke liegt. Die Entwicklung des kleinen, abseits von den Haupteisenbahnverbindungen gelegenen Dorfes ging eben so rasch vor sich, dass hier, im Gegensatz zu der üblichen Tendenz, die, um den Verkehr zu heben und Unternehmer anzulocken, zuerst eine Bahn baut, die Grossstadt und das dringende Bedürfnis nach einer Eisenbahn bei ihrer Eröffnung längst vorhanden war. Wohl sorgen elektrische Strassenbahnen für ein schnelleres Erreichen der obengenannten Nachbarbahnhöfe, aber bei der relativ langsamen Fahrgeschwindigkeit einer Strassenbahn, die sehr oft durch Verkehrshindernisse die fahrplanmässige Zeit nicht einhalten kann, wird das Fehlen einer Eisenbahn sehr merklich empfunden.

Entnommen aus: „Die wirtschaftliche und soziale Lage der Frauen in dem modernen Industrieort Hamborn im Rheinland“ – Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde einer hohen staatswissenschaftlichen Fakultät der Erhard-Karls-Universität zu Tübingen , vorgelegt von Li Fischer-Eckert aus Hagen in Westfalen. Verlag von Carl Stracke 1913    1911