In den alten Bauerschaften Havenburne (Hamborn) und Urlouchem (Alsum) haben wir zweifellos die ältesten Teile der heutigen Stadt Hamborn zu suchen. Sie verdanken den Kelten Entstehung und Name, ebenso wie der Flußname Imscharam (Emscher) und viele andere Ortsnamen zwischen Ruhr und Lippe der keltischen Sprache angehören. Nach Hamborn und Alsum haben sich Wetfelde (Wittfeld), Beeck, Suitehorst (Schmidthorst) und Buschhausen, dann Fahrn und Aldenrade mit Elphof und zuletzt Brockhuisen (Bruckhausen) mit Loe (Marxloh) gebildet.
Etwa im 4. Jahrhundert vor Christo wurde dieses Gebiet nach Vertreibung der Kelten von den teutonischen Volkstämmen der Usipeter und Trenkterer in Besitz genommen. Die vertriebenen keltischen Menapier, deren Machtbereich sich von Holland über die Maß und von .da über den Rhein am rechten Ufer entlang ausdehnte, besaßen hier bei ihren Holzbauten bereits urbare Ländereien. Sie haben sich im Emschertal jedoch nicht nur mit Ackerbau beschäftigt, sondern betrieben hier auch bereits einige Gewerbe.
Auch besaßen sie Tongefäße und geflochtene Körbe, Wagen und Schiffe. Die Zubereitung von Malz und Bier und die Herstellung von Hefe zum Sauerteig des Brotes war ihnen bekannt. Der griechische Schriftsteller Strabo berichtet allerdings nur kurz in seinem geographischen Werke von den „Monapiern, welche an beiden Ufern des Rheines wohnen“, dagegen berichtet Caesar de bello Gallico ausführlich:
„Die Usipeter und Trenkterer kamen an den Rhein und jene Gegenden, welche die Menapier bewohnten, die auch an beiden Seiten des Flusses Ländereien, Gebäude und Dörfer hatten. Durch den Anzug solch großer Scharen wurden sie erschreckt, zogen weg aus jenen Gebäuden, welche sie an der anderen Seite des Flusses in Besitz gehabt hatten, legten diesseits des Rheines (d. h, linksrheinisch) Schutzwehren an und verhinderten, daß jene Germanen (nämlich die Usipeter und Trenkterer) über den Fluß kamen.
Die Feinde zogen sich darauf zurück, etwa drei Tagemärsche weit. Dadurch verleitet suchten die Menapier furchtlos ihre Dörfer jenseits des Rheines (rechtsrheinisch) wieder auf. Aber während einer einzigen Nacht kamen die Usipeter und Trenkterer auf ihren Pferden, schlugen die Menapier nieder, bemächtigten sich ihrer Schiffe und setzten über den Fluß, bevor die Menapier, welche diesseits des Flusses ruhig in ihren Wohnsitzen weilten, Kenntnis davon erhielten. Sie nahmen deren sämtliche Gebäude in Besitz und nährten sich den Winter hindurch von ihren Vorräten.“
(Caesar: de bello Gallico. Buch IV Capitel IV)
Es ist somit historisch, daß die menschlichen Wohnstätten am rechten Rheinufer zwischen Ruhr und Lippe keltischen Ursprungs sind und daß sich hier die genannten deutschen Stämme niederließen. In jahrzehntelangen, furchtbaren Kämpfen mußten die Usipeter und Trenkterer den eroberten Besitz gegen die Menapier und die mit ihnen verbündeten Römer verteidigen, bevor das Land endgültig für die Deutschen gewonnen war. Diese gründeten hier den ersten niederdeutschen Gau und bildeten somit die erste Wacht am Rhein gegen Römer und Gallier.
(Scheiermann: Altes und Neues vom Niederrhein. S. 12.)
Für die Niederlassung germanischer Stämme spricht auch folgender Umstand: In den Jahren 1874 und 1875 fand man beim Ausziegeln eines Hügels des Landwirts Arnold Tofahrn, genannt Laakmann, im Wittfelder Distrikt „Spickstück“ in der Gemarkung Hamborn, ein großes germanisches Gräberfeld mit zahlreichen, dicht zusammengesetzt gewesenen Urnen, welche Metallstücke verschiedener Art und Größe, sowie Spangen und Nadeln enthielten, die anscheinend zum Zusammenhalten von Kleidern (Tierfellen) gedient hatten. Gleiche Funde aus altgermanischer Zeit wurden in den folgenden Jahren in einer ebenfalls hügeligen Sandgrube des Landwirts Wilhelm Hottelmann auf dem Terrain der Anlagen von Schacht IV der Gewerkschaft Deutscher Kaiser gemacht.
Es ist nicht zu verwundern, daß sich die deutschen Stämme nach hartem Kampfe an den keltischen Wohnplätzen gerne dauernd häuslich einrichteten. Die Bevölkerungszunahme zwang sie ohnehin zur Seßhaftigkeit, dadurch wurde auch bei ihnen die Bodenwirtschaft etwas vollkommener und die Viehzucht gelangte zu einer gewissen Blüte. Besonders durch die Zucht flüchtiger Rosse, deren Abkömmlinge noch bis zu Anfang des vorigen Jahrhunderts im Duisburger Walde geschont werden, machten sich Usipeter und Trenkterer bei ihren Nachbarvölkern berühmt. (Clemen : Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz. Bd. II. (Duisburg S. 2.)
Während bei den Kelten ganze Sippschaften zusammen in größeren Holzbauten hausten, wohnten die Usipeter und Trenkterer familienweise in getrennten Ansiedelungen (Einzelgehöfte). Wir finden hier bereits die Anfänge der späteren Bauerschaften. 100—120 Familien gehörten zu einer Hundertschaft, die eine Weiden- und Markgenossenschaft (Gemeinde) bildete. Ihrem Häuptling standen 100 Krieger zur Seite, mit ihm zu raten und zu taten. Außer und über der Hundertschaft kannten sie keinen staatlichen Verband.
Zur Deutung des Namens „Havenburne = Hamborn“ sei folgendes hervorgehoben:
Die Wortwurzel der ersten Silbe „ham“ gehört der westarischen Sprache an. Sie ist keltisch und germanisch völlig gleichbedeutend und hat in ganz Niederdeutschland (Hamm, Hamburg), ebenso wie in England (hier in der Endsilbe ham, Buckingham, Nottingham) als Ortsname und Bezeichnung für Einfriedigung und Abgrenzung die weiteste Verbreitung.
Die Endung „burne“ (born) ist unverkennbar rein germanischen Ursprungs. Sie kann hier neben „Quelle“ auch Brandmal, Brandstätte (Opferstätte) bedeuten, wie auch im englischen burn in der gleichen Bedeutung mit burn = rioulet, Quellflüßchen, wechselt. Der Ort Hamborn ist aus einem Oberhof (curtis) hervorgegangen, was auf seine isolierte Lage schließen läßt. und war an einem Quellorte, der alten Beeckbachquelle, angelegt. Nach der Ueberlieferung soll sich,, daselbst eine heidnische Opfer- und Gerichtsstelle befunden haben, was auch die etymologische Ableitung der Worte Hamm, Hammel und Born, Bure in der übertragenen Bedeutung bestätigt. *) Die Gegend ist völlig Flachland und wasserreich, das verleiht ihr den Charakter, der sich aus der Grundbedeutung der Wurzel ham ergibt.
„Urlouchem“, die älteste Bauerschaft des Oberhofs Hamborn, gegenwärtig der Stadtteil Alsum, bedeutet soviel wie altes Bruchland, Moosbruch. Dieser Stadtteil ist unmittelbar am Rhein gelegen und war, wie auch der erst später aufgekommene Name Alsum (Alse, Alansa, Maifisch) besagt, schon in alter Zeit von Fischern und Schifferleuten bevölkert. (*) (Driesmanns: Die Deutung des Namens Hamborn (in der „Deutschen Kultur“ 1911.)
aus: Festschrift zur Feier der Erhebung Hamborns zur Stadt vom 1. April 1911. Bearbeitet und herausgegeben von der Gemeinde-Verwaltung. Gedruckt in Hamborn – Marxloh , Druck und Verlag der Buch- und Kunstdruckerei BARCK & MAY GmbH, 1911