Betr.: Ermittlungsverfahren gegen Sie wegen Landfriedensbruchs, Widerstandes u.a.
Sehr geehrter Herr…In vorbezeichnetem Verfahren wird Ihnen folgender Sachverhalt zur Last gelegt: Am Abend des 15.11.1977 beteiligten Sie sich an einer von zahlreichen Personen besuchten Zusammenkunft in dem Haus Duisburg 11, Lehrerstraße 51. Da von Ihrer Seite ein so erheblicher Lärm verursacht wurde, daß Anwohner die Polizei benachrichtigten, wurden die Teilnehmer der Veranstalter gegen 22.30 Uhr durch zwei Polizeibeamte aufgefordert, den Lärm zu dämpfen, insbesondere die Stereoanlage auf Zimmerlautstärke zu stellen. Dieser Aufforderung wurde jedoch nicht nachgekommen, sondern die Polizeibeamten wurden mit Zurufen wie „Bullen raus“ „zieht ihnen die Unifom aus“
beschimpft.
Nachdem sich diese Beamten zunächst zurückgezogen hatten, erfolgte gegen 23:00 Uhr ein weiterer Polizeieinsatz mit dem Ziel, die erhebliche Ruhestörung zu unterbinden. Auch der erneuten Aufforderung die Stereoanlage leiser zu stellen, wurde nicht nachgekommen, statt dessen wurden die Beamten lautstark mit beleidigenden Ausdrücken beschimpft, aus der Mitte der Versammlung wurde zum Widerstand gegen den Polizeieinsatz aufgerufen, so daß schließlich das Haus mit Hilfe weiterer hinzugezogener Beamte geräumt werden mußte.
Auf der Straße und auf dem Hof vor dem Hause kamen Sie der Aufforderung, sich zu entfernen, nicht nach. Es wurden weiterhin Rufe laut, gegen den Polizeieinsatz Widerstand zu leisten, den Versuch, die Menschenmenge durch Kettenbildung und leichten Druck mit den Händen von dem Hofgelände zu entfernen, wurde tatkräftige Gegenwehr entgegengesetzt. Schließlich kam es auf erneute Aufforderung zum Widerstand zu tätlichen Angriffen auf einzelne Polizeibeamte. Nach dem die Menge schließlich unter Einsatz der sogenannten „Chemischen Keule“ zerstreut werden konnte, formierten sich einzelne Gruppen erneut und rückten unter Kettenbildung gegen die Polizeibeamten vor. Bei den Festnahmen kam es erneut zur tatkräfitgen Gegenwehr.
Sie werden beschuldigt, sich insbesondere wie folgt an der vorbezeichneten Handlungsweise beteiligt zu haben:
Sie haben bereits im Haus die übrigen Personen lautstark aufgefordert, der polizeilichen Forderung nicht Folge zu leisten, nachdem die Menschenansammlung auf der Straße zerstreut worden war, haben Sie sich mit anderen Teilnehmern untergehakt und sind gemeinsam gegen die Polizeibeamten vorgerückt.
Da Sie der Ihnen zugegangenen polizeilichen Vorladung nicht Folge geleistet haben, erhalten Sie auf diesem Wege Gelegenheit, sich bis aum 20.6.1978 persönlich oder über einen Verteidiger zum Sachverhalt zu äußern. Sollte bis zu dem genannten Zeitpunkt eine Stellungnahme nicht eingegangen sein, wird davon ausgegangen, daß Sie Angaben zur Sache nicht machen wollen. Ich werde sodann nach Aktenlage entscheiden.
Hochachtungsvoll
( von Willis ) Staatsanwalt
in: Dokumentation zum Neumühl-Prozess (1979)